Sehr interessantes Thema! Vielen Dank dafür!
Es ist natürlich schwer, sich dem Gemütszustand des Protagonisten tatsächlich anzunähern, denn wir neigen ja dazu, die Geschehnisse aufgrund unserer eigenen Erfahrungen und Empfindungen zu interpretieren.
Ich glaube kaum, dass das Leben von Nate vor dem Bombenfall tatsächlich "unbeschwert" war. Er war im Krieg, ist höchst wahrscheinlich traumatisiert zurückgekehrt. Wer selbst schon einmal ein schweres Trauma verarbeiten musste, weiß, dass es einen nie ganz loslässt. Man lernt, damit umzugehen, denn das ist das Einzige, was einem bleibt, wenn man wieder Normalität in seinem Leben finden möchte. Und ich glaube, dass in dem Moment, als die Sirenen losgehen und die Familie zum Vault eilt, Nate bereits in den Ausnahmezustand versetzt wird. Das reißt alte Wunden auf. Er ist Soldat - er funktioniert, weil er funktionieren muss - aber emotional ist er extrem angespannt. Nicht nur Erinnerungen kommen wieder hervor, sie mischen sich mit der Angst um die eigene Familie. Diese wird zur Wirklichkeit, als er Zeuge des Todes seiner Frau und der Entführung seines Kindes wird.
Für mich ist der Sohn der einzige Grund, warum der Protagonist nach dem Auftauen nicht völlig in sich zusammenbricht und verzweifelt. Es gibt etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt. Auf dem Weg dahin findet er Verbündete, schließt Freundschaften. Vielleicht findet er in den Gruppierungen eine Art "neue" Familie, oder zumindest etwas, das seinem Leben wieder Halt gibt. Völlig unabhängig von Shaun, eine neue Bestimmung. Je länger die Suche dauert, desto mehr tauchen auch Zweifel und Ängste im Inneren des Protagonisten auf ... wenn am Ende des Weges doch nichts auf ihm wartet, hat er zumindest Menschen um sich, die ihn auffangen.
So habe ich das Spiel immer gesehen und gespielt. Für mich war es extrem wichtig, dass mein Charakter Anschluss findet und die Reise nicht allein bestreiten muss, denn ein Weg erscheint einen weniger mühsam, wenn man ihn zusammen mit seinem besten Freund geht. Für mich waren Dogmeat, Nick und Deacon diese Freunde, ohne sie hätte mein Charakter das Institut wohl niemals erreicht. Körperlich wäre er vielleicht in der Verfassung dazu gewesen, aber nicht emotional.