Nach einigen Fehlkäufen
war ich auf der Suche nach einem Spiel, dass mich ähnlich gut wie
Skyrim unterhält. Dabei stieß ich auf Fallout 4. Da es ebenfalls
von Bethesda stammte, hatte ich hohe Erwartungen...und wurde nicht
enttäuscht. Es ist mit Abstand das Spiel, das mich bislang am besten
und längsten unterhalten hat.
Die Suche nach meinem
verloren Sohn hat mich zugegebenermaßen anfangs nicht so sehr
gepackt. Man verbringt zu wenig Zeit mit Shaun, um wirklich eine
Beziehung zu ihm aufzubauen. Das hat The Last of Us mit Sarah und
Joel deutlich besser hinbekommen. Dennoch hat es mich sofort gepackt
und in seine postapokalyptische Welt gezogen, wo ich die nächsten
Monate ausharren sollte.
Keine open World hat für
mich mehr Atmosphäre: Das Ödland lebt und atmet und vibriert. Ein
Strahlensturm bricht über einen herein, der Gegenzeiger schlägt an,
während man einem Siedler seinen verloren Sohn zurückbringt. Die
einzigartigen Sonnenaufgänge im Sanctuary, wenn der Morgennebel über
den Bergen hängt. Man schleicht mit seinem Begleiter durch die
finstere, kalte Nacht...und oh, nein, jetzt fängt es auch noch an zu
regnen...und dann, am nächsten Morgen, wieder strahlender
Sonnenschein.
Die Hauptstory verdient sicher keinen Pulitzer Preis, aber ich fand den Plottwist um Shaun gelungen.
Es war jedenfalls ein Schock für mich, dass mein Sohn, das
unschuldige Baby, das in meiner Wiege lag, zu einem skrupellosen
Wissenschaftler geworden ist, der Leute entführt, foltert und
ermordet, um sie durch Synths zu ersetzen. Er, mein Sohn, ist für
den Großteil des Elends im Commonwealth verantwortlich ist. Das muss
man erst einmal verdauen...
Den Kampf gegen
Institut-Synths, Raider, Todeskrallen, wilde Ghule und Supermutanten
fand ich insgesamt stimmig und gelungen. Gut gefallen hat mir,
dass man auch auf höheren Leveln auch immer wieder auf zähe Gegner
trifft. Bei Skyrim war man irgendwann praktisch unbesiegbar.
Klar gibt es auch etwas
zu meckern. Die Lippenbewegungen der Sprecher waren oft asynchron,
jedoch haben sie sich bei der Synchronisierung unglaublich Mühe
gegeben. Obwohl insgesamt viel geredet wird, gab es an einigen
wichtigen Stellen Schweigen. Codsworth sagt nichts dazu, dass ich
Shaun umbringe oder gibt einen Kommentar zu Synth-Shaun ab. Es gab zudem Bugs, die das Spiel für mich
unspielbar gemacht haben, wo ich einen viele Stunden zurückliegenden
Spielstand laden mussten. Der erzwungene Siedlungsbau (wenn man die
Minutemen spielen will) und die Verteidigung haben manchmal genervt.
Aber das ist wohl Jammern auf hohem Niveau.
Was mich aber wirklich
umgehauen hat, und was ich nie bei einem Spiel erwartet hatte, war
das ethisch-moralisches Dilemma, in das es mich gebracht hat. Nie
zuvor habe ich so lange überlegt, mich eine Fraktion anzuschließen.
Alle hatten ihre Sichtweisen, die ich z. T. nachvollziehen, aber
nicht unbedingt guthießen konnte. Keine hat mich wirklich überzeugt
oder fühlte sich zu 100 % richtig an. Es ist sehr schön, dass das
Spiel einem dabei auch vollkommen freie Hand lässt und man nicht das
Gefühl hat, mit sanftem Druck und moralischem Zeigefinger zu einer
Fraktion geschubst zu werden.
Meine Wahl hat sich
letztlich durch folgende Frage entschieden:
Welche Fraktion kann das
Institut vernichten, das Commonwealth effektiv und dauerhaft vor
wilden Guhlen, Institut-Synths, Raidern und Supermutanten beschützen
und ist zudem problemlos
in der Lage, auch ohne mich zu existieren?
Schade finde ich
allerdings, dass man nach Spielende offenbar keinen Einfluss auf den
Kurs der gewählten Fraktion nehmen kann. Zumindest war es bei mir
so. (Wie ist es beim Instituts- oder Railroadende?)
Für einen zweiten
Durchlauf hätte ich mir einige mögliche Änderungen gewünscht, z.
B., dass man alle vier Fraktionen in eine friedliche Koexistenz
bringt (das sollte natürlich schon schwierig sein und hohes
Verhandlungsgeschick erfordern und sollte im schlimmsten Fall auch
schief gehen können). Oder dass sich die BoS und das Institut
gemeinsam verbünden, um das Commonwealth zu unterwerfen und man sich
ihnen mit der Railroad und den Minutemen entgegen stellen muss.
Fazit: Das Spiel hat mich
perfekt unterhalten und es ist schade, dass es nun zuende ist.