Guten Tag liebe Forengemeinde
INHALT
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01) Beschreibung
02) Die Kuh, die Weinte?
03) Was ich vorhabe
BESCHREIBUNG
Dies ist ein Thread für viele kleine Geschichten.
Insgesamt sind es 108 (Genau ihr habt es erfasst, genau 108, so viele Perlen hat auch eine Mala Gebetskette)
Jede einzelne Geschichte möchte uns etwas lehren.
Wenn ihr mehr erfahren möchtet und ich euer Interesse geweckt habe dann liest doch bitte weiter
DIE KUH, DIE WEINTE?
Was ist das? Die Kuh, die Weinte?
Wie oben am Bild zu erkennen ist handelt es sich um ein Buch mit 108 Buddhistischen Kurzgeschichten.
Klingt langweilig? Kann schon sein aber bitte lasst mich euch was erklären.
WAS ICH VORHABE
Ich möchte euch hier keine Buddhistische Religion lehren oder euch etwas über den Buddhismus erzählen, also keine Sorge.
Mir ist gestern im Chat eine Idee gekommen um das Forum einfach ein wenig zu unterhalten.
Dieses Buch handelt wie oben erwähnt über 108 Kurzgeschichten und all diese Geschichten möchten uns etwas wichtiges mit auf unseren Weg geben.
Ich möchte dies mit euch teilen und möchte alle 2 Tage hier eine Kurzgeschichte aus diesem Buch aufschreiben.
Ihr fragt euch nun "Pfff Hope du kanlltüte ich kauf mir das Buch einfach"
Stimmt schon aber das ist nicht der Sinn meines Threads.
Es geht einfach darum das Forum etwas zu unterhalten und die Geschichten mit euch zu Teilen.
Wir können dann gemeinsam raus finden was uns die jeweilige Geschichte sagen möchte und darüber Diskutieren.
Vielleicht hilft die ein oder andere Geschichte jemanden.
Außerdem spart ihr euch so die (ich glaube) 17 Euro für das Buch
So das war meine Idee, ich hoffe sie trägt Früchte.
Und ja falls ihr euch das fragt, ich habe das Buch hier bei mir liegen.
Kapitel 1
PERFEKTION UND SCHULDGEFÜHLE
Zwei mangelhafte Backsteine
Nachdem wir 1983 Land für unser Kloster gekauft hatten, waren
wir völlig pleite und steckten bis zum Hals in Schulden. Auf dem
Grundstück selbst stand kein einziges Haus, nicht einmal ein
Schuppen. In jenen ersten Wochen schliefen wir auf alten Türen,
die wir billig auf dem Schuttabladeplatz erstanden hatten.
Mit untergelegten Backsteinen wurden diese Türen zu Betten,
wobei wir als Mönche eines Waldklosters natürlich auf Matratzen
verzichteten.
Der Abt schlief auf der Tür, die am besten erhalten war
und über eine angenehm glatte Oberfläche verfügte. Meine hingegen
war geriffelt und wies überdies noch ein beachtliches Loch in der
Mitte auf, nähmlich an jener Stelle, wo einst der Türknauf gesessen
hatte. Ich war zwar froh, dass der Knauf überhaupt entfernt
worden war, aber nun befand sich mitten auf meiner Schlafunterlage
ein Loch. Ich machte Witze darüber, dass ich nicht einmal
mehr zum Austreten würde aufstehen müssen, aber zum
Lachen war mir eigentlich nicht zumute, denn kalter Wind pfiff
nachts durch dieses Loch. In jener Zeit schlief ich sehr schlecht.
Wir waren arme Mönche, aber wir brauchten ein Dach über
dem Kopf. Bauarbeiter konnten wir uns nicht leisten -- schon die
Kosten für das Material waren ja kaum aufzubringen! Also musste
ich das Bauenvon Grund auf erlernen: wie man ein Fundament
legt, betoniert, mauert, ein Dach zimmert und Sanitäre Einrichtungen
einbaut, eben alles, was zum Bau gehört.
Mein bürgerliches Leben als Physiker und Lehrer hatte mich
nicht darauf vorbereitet, mit den Händen zu arbeiten. Doch im
Verlauf einiger weniger Jahre wurde ich zu einem recht geschickten
Bauarbeiter und nannte mein team schon bald BBC (Buddhistische Bau Company).
Der Anfang war allerdings außerordentlich
mühsam.
Dem Außenstehenden mag Maurerarbeit leicht erscheinen:
Man pappt etwas Mörtel auf den Stein, setzt ihn an seine Stelle
und klopft ihn ein bisschen fest. Wenn ich aber leicht auf eine Ecke
schlug, um eine ebene Oberfläche zu erhalten, stieg eine andere
Ecke nach oben. Kaum hatte ich diese auch festgeklopft, tanzte auf
einmal der ganze Stein aus der Reihe. Behutsam brachte ich ihn
also wieder in die richtige Position, um gleich danach festzustellen,
dass die erste Ecke schon wieder hochragte. Es war zum Verzweifeln.
Wenn Sie mir nicht glauben, versuchen Sie's doch selbst
einmal!
Als Mönch verfügte ich über so viel Geduld und Zeit, wie ich
brauchte. Ich gab mir also roße Mühe, jeden Backstein perfekt
einzupassen, ganz gleich, wie viel Zeit ich dafür benötigte. Und
irgendwann war die erste Backsteinmauer meines Lebens fertig
gestellt. Voller Stolz trat ich einen Schritt zurück, um mein Werk
zu begutachten. Erst da fiel mir auf --das durfte doch nicht wahr
sein! --, dass zwei Backsteine das Regelmaß störten. Alle anderen
Steine waren ordentlich zusammengesetzt worden, aber diese zwei
saßen ganz schief in der Mauer. Ein grauenvoller Anblick! Zwei
Steine hatten mir die ganze Mauer versaut.
Der Zementmörtel war inzwischen fest geworden. Also konnte
ich diese Steine nicht einfach herausziehen und ersetzen. Ich
ging zu meinem Abt und fragte, ob ich die Mauer niederreißen
oder in die Luft jagen und neu anfangen dürfte. "Nein", erwiderte
der Abt, "die Mauer bleibt so stehen, wie sie ist."
Als ich die ersten Besucher durch unser neues Kloster führte,
vermied ich es stets, mit ihnen an dieser Mauer vorbeizugehen.
Ich hasste den Gedanken, dass jemand dieses Stümperwerk
sehen könnte. Etwa drei oder vier Monate später wanderte ich mit
einem Gast über unser Terrain. Plötzlich fiel sein Blick auf meine
Schandmauer.
"Das ist aber eine schöne Mauer", bemerkte er wie nebenbei.
"Sir", erwiderte ich überrascht, "haben Sie etwa Ihre Brille im
Auto vergessen? Oder einen Sehfehler? Fallen Ihnen denn die zwei
schief eingesetzten Backsteine nicht auf, die die ganze Mauer
verschandeln?²
Seine nächsten Worte veränderten meine Einstellung zur Mauer,
zu mir selbst und zu vielen anderen Aspekten des Lebens.
"Ja", sagte er. "Ich sehe die beiden mangelhaft ausgerichteten
Bcksteine. Aber ich sehe auch 998 gut eingesetzte Steine."
Ich war überwältigt. Zum ersten Mal seit drei Monaten sah
ich neben den beiden mangelhaften Steinen, zu ihrer Linken
und zu ihrer Rechten befanden sich perfekte Steine, ganz gerade
eingesetzt. Ihre Zahl überwog die der schlechten Steine bei
weitem.
Bis dahin hatte ich mich ausschließlich auf meine beiden Fehler
konzentriert und war allem anderen gegenüber blind gewesen.
Deshalb konnte ich den Anblick der Mauer nicht ertragen und
wollte ihn anderen Menschen auch nicht zumuten. Deshalb hatte
ich das Werk vernichten wollen. Doch als ich jetzt die ordentlichen
Backsteine betrachtete, schien die Mauer überhaupt nicht
mehr grauenvoll auszusehen. Der Besucher hatte schon Recht: Es
war wirklich eine sehr schöne Mauer. Jetzt, zwanzig Jahre später,
steht sie immer noch, und inzwischen habe ich längst vergessen,
an welcher Stelle die mangelhaften Backsteine stecken. Ich kann
sie mittlerweile tatsächlich nicht mehr sehen.
Viele Menschen beenden eine Beziehung oder reichen die Scheidung
rein, weil sie bei ihrem Partner nichts anderes mehr sehen als
"zwei mangelhafte Steine". Viele leiden an Depressionen, und manche
hegen soagr Selbstmordgedanken, weil sie nichts anderes als
"zwei mangelhafte Steine" in sich erkennen können. In Warheit gibt
es jede Menge guter Steine, perfekter Steine -- obrhalb und unterhalb
unserer Fehler, zu ihrer Linken und zu ihrer Rechten -- aber
manchmal können wir sie einfach nicht sehen. Stattdessen konzentriert
sich unser Blick ausschließlich auf die Fehler. Wir schauen nur
auf den Makel und überlegen, wie wir ihn entfernen können. Und
leider vernichten wir auf diese Weise so manche "schöne Mauer".
Jeder von uns hat zwei mangelhafte Steine, aber die perfekten
Steine sind so viel zahlreicher. Haben wir dies erst einmal
erkannt, sieht die Welt schon viel besser aus. Wir können dann
nicht nur mit uns selbst und unseren fehlern in Frieden leben,
sondern auch das Zusammensein mit einem Partner genießen. Das
ist eine schlechte Nachricht für Scheidungsanwälte, aber eine gute
für Sie!
Ich erzähle diese Anekdote oft. Irgendwann einaml sprach mich
ein Baumeister darauf an und verriet mir ein Berufsgeheimnis.
"Wir machen bei der Arbeit immer wieder mal Fehler", sagte
er, "aber unseren Kunden erklären wir, dass es sich dabei um eine
besondere Eigeneheit handelt, wodurch sich dieses Haus von den
anderen in der Nachbarschaft unterscheidet. Und dafür berechnen
wir dann ein paar tausend Dollar extra!"
Manche "besondeere Eigenheit" an Ihrem Haus galt wahrscheinlich
auch ursprünglich als Fehler. Doch was Sie in sich selbst,
an Ihrem Partner oder überaupt am Dasein als Makel betrachtet
haben, kann sich zu einer "besonderen Eigenheit" wandeln, die
Ihr Leben bereichert. Sie sollten nur endlich aufhören, sich
ausschließlich auf die negativen Aspekte zu konzentrieren.
Der Perfekte Garten
Die Buddhistischen Tempel in Japan sind wegen ihrer Gärten
berühmt. Vor vielen, vielen Jahren gab es einen Tempel, der den
schönsten Garten weit und breit aufwies, Er zog Besucher aus dem
ganzen Land an, die seine überaus gepflegten Anlagen bewunderten,
die in ihrer Einfachheit so reich und üppig wirkten.
Eines Tages kam ein alter Mönch zu Besuch. Er traf sehr früh
ein, kurz nach dem Morgengrauen. Da er herausfinden wollte,
weshalb ausgerechnet dieser Garten als der eindrucksvollste von
allen galt, versteckte er sich hinter einem großen Busch, von dem
aus er einen guten Überblick über das ganze Gelände hatte.
Er beobachtete einen jungen Mönch, der mit zwei Körben aus
dem Tempel kam, und sah zu, wie der junge Mann drei Stunden
lang jedes Blatt und jedes Zweiglein aufhob, die vom ausladenden
Pflaumenbaum in der Mitte des Gartens gefallen waren. Jedes dieser
Stücke nahm der junge Mann in die Hand, betrachtete es nachdenklich
und untersuchte es gründlich. Wenn es ihm gefiel, legte
er es sorgsam in einen Korb. fand er es nutzlos, warf er es in den
Abfallkorb. Nachdem er über jedes Blatt und jeden Zweig nachgedacht
und den Inhalt des Abfallkorbes auf den Komposthaufen
hinter dem Tempel geleert hatte, machte er eine Pause. Er trank
Tee und stellte sich geistig auf die nächste Phase seiner Arbeit ein.
Danach verbrachte der junge Mönch drei weitere Stunden, in
denen er sorgsam und voller Aufmerksamkeit jedes erwählte Blatt
und jeden Zweig an genau der richtigen Stelle im Farten verteilte.
Wenn ihm die Lade eines Zweigs nciht gefiel, drehte er ihn um
oder bewegte ihn ein wenig nach rechts oder links, bis er sich mit
einem zufriedenen Lächeln dem nächsten Blatt zuwandte, das
dann auch seiner Form und Farbe entsprechend einen Platz im
Garten fand. Sein Sinn fürs Detail war unnachahmlich.
Der Alte kam hinter dem Busch hervor. Mit zahnlückigem
Lächeln gratulierte er dem jungen Mönch: "Großartige Arbeit!
Wirklich großartig! Sehr eindrucksvoll! Ich habe den ganzen
Morgen lang beobachtet. Dein Fleiß verdient das allerhöchste Lob.
Und dein Garten... nun, er ist nahezu perfekt."
Der junge Mönch erblasste. Sein Körper versteifte sich, als
hätte ihn ein Skorpion gebissen. Das selbstzufriedene Lächeln wich
aus seinem Gesicht und verschwand im großen Abgrund des
Nichts. Alten grinsenden Mönchen ist in Japan mit äußerster Vorsicht
zu begegnen!
"Was... meinst du damit", stotterste er ängstlich. "Was meinst
du mit NAHEZU perfekt?" Dann warf er sich dem alten Mönch
zu Füßen.
"Meister! Lehrer! bitte habe Mitgefühl mit mir! Der Buddha
hat dich gesandt, um mir zu zeigen, wie mein garten wirklich
perfekt werden kann. Lehre es mich, oh du Weiser! Zege mir
den Weg!"
"Möchtest du das wirklich?" fragte der alte Mönch. Ein schelmisches
Grinsen breitete sich in seinem Greisengesicht aus.
"Oh ja! Bitte, tue es. Ich flehe dich an! Bitte, Meister!"
Der alte Mönch schritt langsam zur Mitte des Gartens. Er legte
seine betagten, aber immer noch kräftigen Arme und den blätterreichen
Pflaumenbaum. Mit den Gelächter eines Heiligen rüttelte
und schüttelte er den armen Baum, was das Zeug hielt.
Blätter, Zweige und Rinderstücke fielen herab und verteiltens ich
überall, doch der alte Mann schüttelte weiter. Als nichts mehr herunterkam,
hörte er endlich auf.
Der junge Mönch sah entgeistert zu. Der Garten war ruiniert,
die Arbiet eines ganzen Morgens zunihcte gemacht. Am liebsten
hätte er den Alten erwürgt. Der aber blickte um sich und bewunderte
sein Werk. Mit einem Lächeln, das jeden Zorn dahin schmelzen
ließ, sagte er sanft zu dem jungen Mann: "Jetzt erst ist dein
Garten wirklich perfekt."
Was getan wurde, ist fertig
Von Juli bis Oktober übernimmt der Monsum das regiment in
Thailand. In dieser Zeit stellen die Mönche ihre Reise ein, legen
alle Projekte und Werkstücke zur Seite und widmen sich ausschließlich
dem Studium und der Meditation. Diese Periode wird
"Vassa" genannt, das "Regen-Retreat".
Vor einigen Jahren errichtete ein berühmter Abt in Thailand
eine neue Halle in seinem Waldkloster. Zum Zeitpunkt des
Regen-Retreats ließ er alle Arbeiten einstellen und schickte die
Bauarbeiter nach Hause. Im Kloster war jetzt die Zeit der Stille
angebrochen.
Als ein Besucher ein paar Tage später das halbfertige Gebäude
sah, fragte er den Abt, wann die Halle denn fetig sein würde.
Ohne zu zögern, antwortete der Abt: "Die Halle ist fertig."
"Was meinst du damit: "Die Halle ist fertig?" fragte der
Besucher verblüfft. "Sie hat kein Dach, keine Fenster oder Türen.
Überall liegen Holzstücke und Zementsäcke herum. Soll denn
das alles so bleiben? Bist du verrückt? Was soll das heißen: "Die
Halle ist fertig?"
Der alte Abt lächelte und erwiderte gelassen: "Was getan wurde,
ist fertig." Und damit schritt er davon, um zu meditieren.
Dies ist die einzige Möglichkeit, sich ein Retreat oder eine
Pause zu gönnenm. Sonst wird unsere Arbeit nei fertig.
Der Idiotenführer zum Seelenfrieden
Eines Freitagsabends erzählte ich die obige Geschichte einem
größeren Publikum in Perth. Am nächsten Sonntag wollte mich
ein wütender Vater maßregeln, der mit seinem halbwüchsigen
Sohn an der Veranstaltung teilgenommen hatte. Als der Junge
nähmlich am Vorabend mit seinen Freunden ausgehen wollte, hatte
ihn sein Vater gefragt, ob er denn auch alle Hausaufgaben erledigt
hätte. "Ach, Papa, Ajahn Brahm hat uns doch gestern
Abend im Tempel erzählt, das alles, was getan wurde, fertig ist.
Bis später!"
In der darauf folgenden Woche erzählte ich eine andere Geschichte.
In Australien gehört ein Garten zu fast jedem Haus, doch nur
wenige Menschen kommen in ihrem Garten wirklich zur Ruhe.
Für die meisten ist er schlichtweg ein zusätzlicher Arbeitsplatz.
Deshalb rate ich denjenigen, das Grün um ihr Haus eine gewisse
Zeit lang zu hegen und zu pflegen und danach das Gleiche für ihr
eigenes Herz zu tun. Dafür setzt man sich ganz einfach ruhig in
den Garten und erfreut sich an den Gaben der Natur.
Der erste Idiot hält das für einen tollen Vorschlag. Er beschließt,
zunächst die paar kleinen Arbeiten zu erledigen und sich
danach ein paar friedliche Momente im Garten zu gönnen. Der Rasen
muss schließlich gemäht, das Laub gefegt, die Hecke gestutzt
und der Pfad von Unkraut befreit werden. Außerdem brauchen die
Pflanzen Wasser. Um nur einen Bruchteil all dieser "kleinen Arbeiten"
zu erledigen, muss dieser Idiot seine gesamte Freizeit aufbrauchen.
Da es immer eine Menge zu tun gibt, findet er nie einen
Augenblick der Ruhe. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass
man in unserem Kulturraum nur auf Friedhöfen "sanft ruht"?
Der zweite Idiot hält sich für viel klüger als der erste. Er räumt
das Gartengerät weg und setzt sich mit einer Zeitschrift in den
Garten. Vielleicht sieht er sich eine Hochglanzillustrierte mit
wunderschönen Landschaftsaufnahmen an. Wer das tut, kommt
in seinem Garten nicht zu Ruhe, sondern lässt sich von einer
Zeitschrift ablenken.
Der dritte Idiot räumt ebenfalls Harken, Eimer und Bewasserungsschlauch
weg, setzt sich hin und lässt den Frieden seines
Gartens auf sich wirken -- ungefähr zwei Sekunden lang. Dabei
fällt ihm alles Mögliche auf: "Der Rasen muss gemäht werden. Die
Büsche wuchern zu sehr aus. Und wenn ich den Blumen dahinten
kein Wasser gebe, werden sie in ein paar tagen verwelkt sein, Da
drüben würde sich übrigens eine hübsche Gardenie gut machen.
Genau! Und davor vielleicht so ein niedliches Vogelbad. Das könnte
ich mir nacher gleich aus dem Gartencenter holen..."
Hier wird nachgedacht und geplant. In diesem Garten wird
kein Seelenfrieden gefunden.
Der kluge Gärtner geht anders vor. Er denkt: "Ich habe lange
genug gearbeitet, und jetzt möchte ich die Früchte meiner Arbeit
genießen und auf die Stille lauschen. Klar, der Rasen sollte gemäht
werden, bla, bla, bla. ABER NICHT JETZT." Nur so erlangen
wir die Weisheit, unseren Garten auch dann zu genießen,
wenn er nicht perfekt ist.
Vielleicht versteckt sich hinter einem Busch ein alter Japanischer
Mönch, der nur darauf wartet, hervorzuspringen und uns
mitzuteilen, dass unser unordentlicher Garten in Wirklichkeit
perfekt ist. Wenn wir uns nähmlich über die Arbeit freuen, die wir
bereits erledigt haben und unser Augenmerk nicht auf diejenige
richten, die noch vor uns liegt, begreifen wir vielleicht, dass Getahnes
wirklich fertig ist. Wenn wir uns selber ausschließlich auf Mangelhaftes
konzentrieren, auf die Dinge, die repariert werden sollten --
wie die Backsteinmauer in meinem Kloster--, werden wir nie
zu Ruhe kommen.
Der intelligente Gärtner genießt eine Viertelstunde der Ruhe
inmitten der perfekten Unvollkommenheit der Natur. Er grübelt
und plant nicht, und er fühlt sich nicht schuldig. Jeder von uns
verdient Pausen und Ruhe, und andere verdienen es übrigens
auch, gelegentlich von uns in Ruhe gelassen zu werden. Nach diesen
wichtigen fünfzehn Minuten Pause nehmen wir die Gartenarbeit
wieder auf.
Wenn wir es schaffen, in unserem Garten auf solche Weise zur
Ruhe zu kommen, werden wir überall und jederzeit Ruhe finden.
Dann wird es uns auch gelingen, Ruhe im Garten unseres Herzens
einkehren zu lassen, selbst wenn wir manchmal überlegen, dass
dort große Unordnung herrscht und noch viel zu tun übrig bleibt.
Schuld und Erlösung
Vor ein paar Jahren kehrte eine junge Australierin in meinem Tempel in Perth ein. Viele Menschen suchen Mönche auf, die ihnen bei der Lösung eines Problems helfen sollen. Das mag daran liegen, dass bei uns guter Rat nicht teuer ist – wir verlangen schließlich nie ein Honorar.
Fürchterliche Schuldgefühle plagten diese junge Frau. Ein halbes Jahr zuvor hatte sie in einem abgelegenen Bergwerksdorf im Norden Westaustraliens gelebt. Die Arbeit dort war sehr schwer, die Bezahlung gut, aber es gab nur wenig Abwechslung in der Freizeit.
Eines Sonntagnachmittags schlug sie ihrer besten Freundin und deren Lebensgefährten einen Autoausflug in den australischen Busch vor. Die beiden hatten überhaupt keine Lust und lehnten zunächst ab. Aber weil sie nicht allein losziehen wollte, redete die junge Australierin so lange auf ihre Freund ein und machte einen solchen Aufstand, dass die beiden schließlich widerstrebend nachgaben und doch mitkamen.
Auf einer Schotterstraße geriet das Auto ins Schleudern, und es kam zu einem schweren Verkehrsunfall. Die Freundin der jungen Australierin starb, und der junge Mann erlitt eine Querschnittslähmung. Die Frau, die die beiden anderen zu diesem Ausflug überredet hatte, blieb unverletzt.
Tieftraurig erzählte sie mir diese Geschichte. „Hätte ich sie bloß nicht so zu diesem Ausflug gedrängt! Dann würde meine Freundin noch leben, und die Beine ihres Mannes wären in Ordnung. Wie furchtbar, dass ich die beiden zum Mitkommen überredet habe! Ich fühle mich entsetzlich schuldig.“
Als erstes kam mir in den Sinn, ihr zu versichern, dass es nicht ihre Schuld war. Sie hatte den Unfall nicht geplant und nicht beabsichtigt, ihren Freunden Schaden zuzufügen. So etwas kann passieren. Da muss man loslassen und sich von Schuldgefühlen verabschieden.
Doch dann überlegte ich, wie oft diese junge Frau solche Beteuerungen schon gehört haben musste, vielleicht Hunderte von Malen. Das hatte offensichtlich nichts bewirkt. Also hielt ich inne, überdachte ihre Situation einmal und erklärte dann, es sei völlig in Ordnung, wenn sie sich schuldig fühle.
Ihr Gesichtsausdruck wandelte sich. Die Trauer machte Überraschung Platz, danach zeichnete sich Erleichterung ab. Es war ihr neu, dass sie sich tatsächlich schuldig fühlen durfte, da hatte ich ganz richtig geraten. Überdies fühlte sich auch noch wegen ihrer Schuldgefühle schuldig, weil andere versuchten, sie ihr auszureden. Und so plagte sie ein doppeltes Schuldgefühl: Wegen des Unfalls und der Tatsache, dass sie sich an dieser Katastrophe die Schuld gab.
Nachdem wir uns mit der ersten Phase ihres Schuldgefühls beschäftigt und festgestellt hatten, dass es in Ordnung war, sich so zu fühlen, konnten wir den nächsten Schritt tun: Was kann man gegen solche Schuldgefühle unternehmen?
Da kommt uns eine alte buddhistische Weisheit sehr gelegen: „Entzünde lieber eine Kerze, als dich über die Dunkelheit zu beklagen.“
Klagen helfen uns nicht weiter, wenn wir aus der Fassung geraten. Wir können immer etwas unternehmen und sei es nur, uns eine Zeit lang einfach ruhig hinzusetzen.
Schuld ist etwas ganz Anderes als Reue. In unserer Gesellschaft verhängt der Richter ein Urteil über den „Schuldigen“. Und wen uns schon kein anderer bestraft, dann übernehmen wir das eben selbst. Tief in unserer Seele ist die Überzeugung verankert, dass wir Strafe verdienen.
Die junge Frau brauchte also eine Buße, um sich von ihrer Schuld zu reinigen. Es wäre sinnlos gewesen, ihr zu raten, alles zu vergessen, um ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Ich schlug ihr also vor, ehrenamtlich in der Reha-Abteilung eines Krankenhauses zu arbeiten und sich dort vor allem um Unfallopfer zu kümmern. Diese schwere Arbeit würde dazu beitragen, dass sich ihr Schuldgefühl auflöste. Außerdem würden ihr dabei – wie das oft bei ehrenamtlicher Arbeit geschieht – jene Leute helfen, denen sie helfen will.
Warum die Häftlinge Meditieren wollten
Bevor mir das ehrenvolle, aber dennoch beschwerliche Amt des
Abts auferlegt wurde, besuchte ich Gefangene in den nahe gelegenen
Haftanstalten. Über meine Dienststunden im Gefängnis
führte ich genau Buch -- gewissermaßen als Gutschrift, falls ich
selbst einmal hinter Gitter wandern sollte!
Als ich das erste Mal ein großes Gefängnis in Perth besuchte,
war ich überrascht und sehr beeindruckt, dass so viele Häftlinge
von mir etwas über Meditation erfahren wollten. Doch je länger ich
sprach, desto unruhiger wurde mein Publikum.
Nach nur zehn Minuten unterbrach der Anführer einer Gefängnisbande
meine Rede. Er hob die Hand, und ich forderte ihn
auf, seine Frage zu stellen.
"Kann man durch Meditieren wirklich lernen, frei in der Luft
zu schweben?" wollte er wissen.
Endlich begriff ich, weshalb siech so viele Häftlinge für meinen
Vortrag interessiert hatten. Sie wollten das Meditieren erlernen,
um über die Gefängnismauer hinaus ins Freie zu schweben!
Ich bestätigte, dass man durch Meditieren tatsächlich das Schweben
bemeistern könne, allerdings sei dies nur von herausragenden
Könner der Kunst und auch erst nach sehr vielen Übungsjahren
zu bewerkstelligen. Bei meinenm nächsten Vortrag in diesem Gefängis
ließen sich nur vier Häftlinge blicken.
Da ich sehr viele Jahre lang innerhalb von Gefängnismauern
unterrichtete, lernte ich im Laufe der Zeit einige Gesetzesbrecher
sehr gut kennen. Ich entdeckte, dass sich fast jeder Insasse
wegen seiner Tat schuldig fühlte und ihn dies Tag und Nachtverfolgte.
Dies vertraut er allerdings nur seinen besten Freunden an.
Für die Außenwelt trägt er weiterhin das klassische Bild des
trotzigen Inhaftierten zur Schau. Hat man aber erst sein Vertrauen
gewonnen und ihn eine Zeit lang als spiritueller Führer begleitet,
öffnet er sich leichter und enthüllt, wie sehr er unter seinem
Schuldgefühl leidet. Manchmal hilft es, wenn ich daraufhin die
Geschichte der Kinder aus Klasse B erzähle.
Die Kinder der Klasse B
Vor vielen Jahren wurde in einer Schule in England heimlich ein
Experiment durchgeführt. In dieser Schule gab es zwei Klassen
für Kinder gleichen Alters. Am Ende des Schuljahrs wurde eine
Prüfung gemacht, nach der die Kinder für die Klassen des folgenden
Jahres ausgewählt wurden. Die Ergebnisse dieser Tests
wurden allerdings nie bekannt gegeben. Nur der Schulleiter und
die Psychologen kannten die Warheit: Das Kind, das die Prüfung
als bestes abgelegt hatte, wurde mit dem vierten und fünften,
dem achten und neunten, dem und dreizehnten usw. in
eine Klasse gesteckt. Das Kind mit dem zweitbesten Ergebnis
kam zu dem Kind mit dem dritten Ergebnis, dem sechsten, siebten,
zehnten, elften usw. Anders gesagt, auf der Grundlage des
Testergebnisses wurden alle Kinder gleichmäßig über die beiden
Klassen verteilt. Auch bei der Auswahl der Lehrer achtete man
sorgfältig auf Ausgewogenheit. Die Klassenzimmer waren gleich
eingerichtet, und beide Parallelklassen ähnelten einander soweit
es nur möglich war. Es wurde nur ein Unterschied gemacht: Der
einen Klasse gab man die Bezeichnung A, und die andere nannte
man B.
In beiden Klassen saßen also Kinder mit gleichen Begabungen.
Doch in den Köpfen der Leute steckten die klugen Kinder in Klasse
A und die nicht so klugen in Klasse B. Einige Eltern von Kinder
in Klasse A zeigten sich angenehm überrascht, dass ihr Kind
so gut abgeschnitten hatte und sparten nicht mit Lop und
Belohnungen, wohingegen einige Eltern ihren Kindern in der Klasse B
vorhielten, dass sie nicht fleißig genug gewesen seien, und ihnen
manche Privilegien beschnitten. Sogar die Lehrer behandelten die
Kinder in Klasse B anders, da sie von ihnen nicht sonderlich viel
erwarteten. Diese Illusion wurd ein ganzes Schuljahr lang aufrechterhalten.
Danach wurde mit allen Kindern abermals ein Test durchgeführt.
Das Ergebnis war erschreckend, aber nicht überraschend. Die
Kinder der Klasse A zeigten weitaus bessere Leistungen als die der
Klasse B. Die Testergebnisse erweckten den Anschein, als seien
im Vorjahr tatsächlich ausschließlich Kinder der besseren Hälfte
der Klasse A zugeteilt worden. Das hatte man ihnen
ein ganzes Jahr lang weisgemacht, so wurden sie behandelt, und
weil sie sich selbst für schlechter hielten, wurden sie es auch.
Das Kind im Supermarkt
Ich sage meinen Knackis immer, dass sie sich nicht als Kriminelle
sehen sollten, sondern als Menschen, die eine kriminelle Tat
begangen haben, Wer nähmlich als kriminell bezeichnet wird, wird
auch so behandelt, und wer sich selbst für kriminell hält, wird es
auch werden. Das ist eine logische Schlussfolgerung.
Ein kleiner Junge lässt an der Supermarktkasse einen Milchkarton
fallen. Der zerplatzt, und die Milch ergießt sich über den Boden.
"Du dummes Kind!", ruft die Mutter.
An der nächsten Kasse lässt ein anderer Junge ein Honigglas
fallen. Auch das geht zu Bruch, und die klebrige Masse verteilt sich
mit den Glassplittern.
"Da hast du aber etwas Dummes angestellt", tadelt seine Mutter.
Dem ersten Kind wurde mitgeteilt, das es dumm sei, dem
zweiten, dass es einen dummen Fehler gemacht hat. Das erste wird
wahrscheinlich dumm werden, das zweite wird lernen, Dummheiten
zu vermeiden.
Ich frage meine Knackis, was sie am Tag ihres Verbrechens
denn noch getan haben. Was haben sie an den anderen Tagen des
Jahres getan? In den anderen Jahren ihres Lebens? Dann erzähle
ich die Geschichte meiner Backsteinmauer. Es gibt andere Steine
in dieser Mauer, die unser Leben darstellen und nichts mit unseren
Verbrechen zu tuhn haben. In Wirklichkeit gibt es immer sehr
viel mehr gute Steine als schlechte. Wie ist das bei Ihnen? Sind sie
jetzt eine schlechte Mauer, die gänzlich abgerissen werden sollte?
Oder sind Sie eine gute Mauer mit ein paar schlechten Steinen wie
die meisten von uns?
Lange, nachdem ich zum Abt geweiht worden war und keine
Gefängnisse mehr besuchte, erhielt ich einen persönlichen Anruf
von einem Vollzugsbeamten. Er machte mir ein Kompliment, das
mir sehr viel bedeutete: Keiner meiner Schüler sei nach dem Absitzen
seiner Strafe noch einmal im Gefängnis gelandet.
Auch wir verdienen vergebung
In der vorigen Geschichte habe ich von Menschen erzählt, mit
denen ich in Haftanstalten gearbeitet habe, aber die Botschaft gilt
für jeden, der im Gefängnis eines Schuldgefühls "sitzt". Aber was
hat es mit dem "Verbrechen" auf sich, das uns Schuldgefühle verschafft?
Was haben wir denn an jenem Tag, in jenem Jahr, in unserem
restlichen Leben sonst noch getan? Können wir über den
Rand jener schlimmn Handlung hinaussehen, die unser Schuldgefühl
hervorruft? Wenn wir uns zu lange der Klasse B zugehörig
fühlen, könnten wir tatsächlich ein Mensch der Klasse B werden:
Deshalb wiederholen wir unsere Fehler immer wieder und sammeln
noch mehr Schuldgefühle an. Doch wenn wir die anderen
Teile unseres Lebens betrachteb, die anderen Steine in unserer
Backsteinmauer, wenn wir eine realistischere Perspektive einnehmen,
dann wird sich in unserem Herzen eine wunderbare Erkenntnis
wie eine Blume entfalten: Auch wir verdienen Vergebung.
Abschied vom Schuldgefühl -- für immer
Der schwerste Schritt auf der Reise weg vom Schuldgefühl besteht
darin, sich selbst davon zu überzeugen, dass man Vergebung verdient.
Die bisher erzählten Geschichten können dabei hilfreich
sein, doch den letzten Schritt aus diesem Gefängnis muss man
ganz allein tun.
Als kleiner Junge spielte einer meiner Freunde mit einem
Spielkameraden auf der Hafenmole. Aus Spaß und Übermut stieß
er seinen Freund ins Wasser. Der Freund ertrank. Der andere
verbrachte viele Jahre seines Lebens mit lähmenden Schuldgefühlen.
Die Eltern des ertrunkenen Kindes lebten nebenan, und er wuchs
in dem Bewusstsein auf, ihnen ihren Sohn genommen zu haben.
Und dann geschah eines Morgens etwas seltsames. Er erzählte
mir, er sei aufgewacht und hatte plötzlich begriffen, das er
sich nicht mehr schuldig zu fühlen brauchte. Endlich verließ
er sein eigenes Gefängnis und atmete zum ersten Mal die frische
Luft der Freiheit.